...Fortsetzung
der Reise
Grüße
aus Hyderabad (Indien)
Anflug
auf Hyderabad

Zur
Erinnerung: Die Indienkarte.
Karte
aus dem Internet

Nun
erreiche ich Hyderabad, die 6. Station meiner Auftrittsreise.
Hyderabad ist die fünftgrößte Stadt Indiens.
Sie hat einen sehr
guten Ruf. Als besonders schöne Stadt, mit einem vergleichsweise
angenehmen Klima, da weniger feucht als anderswo.
Noch auf dem Flug wechsle ich ab: Blick aus dem Fenster und
Blick in den Reiseführer. Ich lese:
Hyderabad wurde 1590 von einem muslimischen Herrscher gegründet
und entwickelte sich zum bedeutenden Zentrum der indisch-muslimischen
Kultur. Nach dem Anschluss des Staates Hyderabad 1948 an Indien
wanderte ein großer Teil der muslimischen Oberschicht
ins pakistanische Karachi aus. Dennoch ist der muslimische
Bevölkerungsanteil mit fast 40% der höchste in einer
indischen Metropole. Die Muslime sprechen in der Regel weiterhin
Urdu, nicht Telugu die Landessprache von Andhra Pradesh. Auseinandersetzungen
zwischen Muslimen und Hindus sind häufig.
Eigentlich ist Hyderabad eine Zwillingsstadt, mit Sikandarabad
(engl. Secunderabad), nördlich gelegen, als Schwesterstadt.
Die beiden Städte werden von einem im Jahre 1562 in der
Regierungszeit von Ibrahim Quli Qutb Shah (1550-1580) angelegten
schönen See namens Hussain Sagar, getrennt. Sikandarabad
wurde von der britischen Armee, die dort während der
Kolonialzeit stationiert war, gegründet.
Hyderabad
ist eine Industriestadt. Mit der Gründung des Genome
Valley hat sich Hyderabad zum Zentrum der Biotechnologie-
sowie der Pharmaindustrie in Indien etabliert. Andere Industrien
sind z.B. die Elektro- und Softwareindustrie sowie Maschinenbau.
Hyderabad wird oft auch „Cyberabad“ genannt.
Hyderabad
ist Sitz dreier großer Universitäten, der Osmania
University, der University of Hyderabad und der Maulana Azad
National Urdu University. Daneben gibt es auch ein International
Institute of Information Technology.
Die
Stadt verfügt über viele monumentale Bauten, Tempel,
Moscheen und Kirchen. Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten
sind der Charminar und das Golkonda-Fort. Und sie hat - wie
Bombay- ihre eigene Filmindustrie. Nicht Bollywood, sondern
Tollywood.
Surya
Mytra, der mich nach Verlassen des schicken, neuen Flughafens
in Empfang nimmt, ist ein ausgesprochen wohlerzogener, aufmerksamer
und sehr netter junger Mann. Er arbeitet ad interim als Koordinator
im Goethe-Zentrum. Er hat sein Studium als Auto-Ingenieur
abgeschlossen und auch bereits ein paar Jahre auf seinem Beruf
gearbeitet. Da Deutschland für die Autoindustrie wichtig
ist, lernt er im Goethe-Zentrum selber Deutsch.
Er ist mein Begleiter
während dieser Tage. Er kümmert sich umsichtig um
mich und zeigt mir die Stadt.
Thank you, Surya. Lieben Dank an alle meine BetreuerInnen
in den verschiedenen Städten. Alle kümmerten sich
ganz wunderbar um mich.

Der
See Hussain Nagar liegt mitten in der Stadt. Hier sieht es
nicht anders aus als in der Schweiz, am Zürich- oder
am Genfersee! Mit dem Ausflugsschiff fährt man in ein
paar Minuten zur kleinen Insel mit der riesigen Buddha-Statue,
aus einem Monolit gehauen, der von weit her transportiert
worden war. Beim spektakulären Aufhieven an den vorgesehenen
Platz, stürzte der kostbare Koloss ins Wasser und lag
dann zehn Jahre lang auf dem Grunde des Sees.

Es
werden gerade (wie im ganzen Land) die Tage des elefantenköpfigen
Gottes Ganesh gefeiert, der zuständig ist für Wohlstand,
Gesundheit, Geld und Glück. In
Hyderabad, das mit Bombay in vielem wetteifert, steht die
größte dieser Figuren (nächstes Bild). Größer
und noch größer! Dieser Super-Ganesh dient auch
als Kulisse für eine politische Propaganda-Veranstaltung.
Dieses Mal hat Hyderabad Bombay geschlagen, was die Größe
des Ganesh anbelangt. Gratuliere!
All diese Tausende und Abertausende von kleineren und größeren
Ganesh-Figuren aus Lehm und anderen Materialien wie auch diese
Monsterfigur (u.a. aus Styropor) werden am Ende der Prozession
in den See geworfen, um anschließend wieder herausgebaggert
zu werden. Was für eine Umweltverschmutzung! Finden auch
die indischen Umweltorganisationen. Dazu werden alle Gehsteine
rund um den See abmontiert, alle Pflastersteine ausgegraben.
Die ganze Gegend rund um den See gleicht dann einer riesigen
Baustelle. Das ganze Ufer steht voller Kräne. Rampen
aus Sand werden aufgeschüttet, damit die Ganeshs von
den Lastern in den See befördert werden können.

Auftritt
in der Sreenidhi International Highschool, in die das Goethe-Zentrum
zwei ihrer Lehrkräfte für den Deutschunterricht
entsendet.
Sehr
viele Kinder in Indien haben keine Möglichkeit zur Schule
zu gehen. Es gibt lange nicht genug Schulen für alle.
Und viele Kinder können nicht zur Schule gehen, weil
sie von ganz klein auf betteln helfen müssen, damit die
Familie überleben kann.
Wer
in Indien eine gute Ausbildung für seine Kinder will,
muss sie auf teure Privatschulen schicken.
Die
private Sreenidhi International Highschool ist ganz neu. Sie
ist in den ersten drei Jahren auf eine Schülerzahl von
600 angewachsen, was für Indien eine sehr kleine Schule
ist. Bald soll sie auf 2000 Schüler anwachsen. Eine eindrückliche
Schule. Ein wunderschöner, flacher Bau in einem großen
Gelände. Das riesige Bauland musste den Bauern erst abgekauft
werden. Das dauerte seine Zeit. Die Schule wurde von einem
reichen Ehepaar gegründet und geleitet, nach schönsten,
psychologischen Grundsätzen und einem breiten Angebot
an kreativen Fächern. Motto der
Schule: "There's a light within every child that needs
to be kindled. Open your child's mind to a new school of thought.
It is the task of a school to bring out the best in every
child. The first step in this process is to restore a child
his childhood. Help a child become a self-possessed individual
as well as a valuable member of society.
For this noble task a new thought is required. Learning through
discovering the hidden treasures within, learning through
an ongoing conversation between students, teachers and parents.
In short, a synthesis of the best in Indian tradition and
a global perspective."
Es
soll in jedem Kind ein Licht angezündet und das Beste
in ihm hervorgebracht werden.

Nach meiner Veranstaltung
sprechen ein paar Leute Dankesworte. Eben dabei Anita Desai,
die charismatische Leiterin des Goethe-Zentrums.
Foto:
Medienbeauftragter der Schule.

Anschließend
an die Veranstaltung wurden wir zum Mittagessen eingeladen.
Auf dem Foto, von links nach rechts: Vom Goethe-Zentrum: T.N
Indira (Lehrerin), Padma, Administration (die kurz darauf
nach Deutschland abreisen wird. Sie wird dank eines Stipendiums
drei Monate in Freiburg/Breisgau verbringen. Sie hat früh
geheiratet, hat drei Kinder und freut sich nun auf ihren ersten
Auslandaufenthalt. Sie spricht bereits gut Deutsch). Neben
ihr: Laxmi Sekhar Kalepu (Language Coordinator), Amita Rajesh
Desai, Direktorin Goethe-Zentrum. Neben Ihr Mr. V. Srinivasan,
executiv director der Schule, ehemals Chemielehrer. Dann Surya,
ich, Mrs. Saritha Mahi, Mitdirektorin der Schule und Ehefrau
des Direktors. Und eine weitere Lehrerin der Schule.
Die
anwesenden InderInnen sprechen acht verschiedene Landessprachen.
Alle miteinander unterhalten sich in Hindi oder Englisch.
Foto:
Angestellter der Schule

In
Indien werden Hunderte von Einzelsprachen und Dialekte
gesprochen. Die Hauptsprachen sind auf jeder Banknote aufgelistet.
http://de.wikipedia.org/wiki/Sprachen_Indiens
Nach
dem Mittagessen werde ich im Goethezentrum zum Pressetermin
erwartet. Ich stehe im Blitzlichtgewitter. Die 5 Fotografen
der verschiedenen Zeitungen knipsen wie wild. (Schade habe
ich davon kein Foto!) Dann gehen sie wieder. Dann sind die
Journalisten an der Reihe. Sie fragen höflich. Zwei sagen
kein Wort. Keine Ahnung, was sie von dem halten, was ich erzähle.
Sie wollen eine kurze Kostprobe meiner Kunst hören.
Die Journalisten seien immer so seltsam, meint Amita Desai
danach. Sie seien auch darum so still, weil sie mich gar nicht
so richtig verstehen würden. Sie schreiben zum Teil nur
in ihrer eigenen Sprache. Und ihre Englischkenntnisse sind
nur dürftig.
Alles, von dem was ich sagte, haben sie tatsächlich nicht
verstanden. Am nächsten Tag steht jedenfalls in der Zeitung:
Brigitte Schär spricht 12 Sprachen. (Statt ihre Bücher
wurden in 12 Sprachen übersetzt.) Na ja, was nicht ist,
kann ja noch werden.
Die Artikel seien ganz gut, wurde mir gesagt. Ich werde sie
noch zu Gesicht bekommen.
Hyderabad
ist auf Fels gebaut. Felsen prägen markant die Landschaft.
Hier der Blick aus dem Goethe-Institut. Die Rock-Society of
Hyderabad hat erreicht, dass die Felsen nun unter Heimatschutz
stehen und kein einziger mehr weggesprengt und dem Bauboom
zum Opfer fallen darf.

Ankündigung
meines Auftritts beim Eingang der renommierten University
of Hyderabad.

Meine
BegleiterInnen und ich werden vom Dekan der Fakultät
empfangen.
Foto:
Angestellter der Universität.

Nach
dem Auftritt erfülle ich wieder alle Fotowünsche.
Und überspiele gern den einen oder andere meiner vorgetragenen
literarischen Songs in der CD-Version auf verschiedene Datensticks.
Foto:
Surya Mytra

Foto:
Surya Mytra

Ein
letztes Foto im Stehen.

Anita
Desai, Leiterin des Goethe-Zentrums, macht mir ein ganz besonderes
Geschenk. Sie lädt Mrs Shanta Rameshwar Rao zu meiner
Vorstellung ein. Die eindrückliche, weise 84-jährige
Dame ist Gründerin und Direktorin der Vidyaranya High
School for Boys and Girls und leitet ihre Schule noch selber.
Eine sehr besondere Schule. Auch Amita Desai hat früher
einmal dort unterrichtet. Von den Grundsätzen her ist
diese Schule, so lasse ich mir sagen, ähnlich wie eine
Rudolf Steiner Schule. Nur größer, mit 2000 SchülerInnen.
Diese großartige und lebenserfahrene Grande Dame, die
kein Deutsch spricht, versteht meine Geschichten bestens.
Sie sprechen auch ihr aus dem Herzen. Wir setzen uns für
die gleiche Sache ein. Und wir freuen uns, einander gefunden
zu haben. Wir bleiben in Kontakt. Ich hoffe auf ein Wiedersehen.
Und auf einen späteren Besuch in ihrer Schule.
Danke,
liebe Leute im Goethe-Zentrum Hyderabad: Auch bei euch war
es sehr eindrücklich schön! Danke für all die
Einladungen, Empfänge, für die Einladung überhaupt
und für die ganze Organisation.
Auf
dem Flug von Hyderabad nach Kalkutta

Grüße
aus Kalkutta (Indien)
Anflug.
Der heilige Fluss Ganges windet sich mitten durch die Stadt.

Kalkutta
bedeutet ein Wiedersehen. Da trat ich letztes Jahr schon auf,
anläßlich der Tage der deutschen Sprache (ein Anlass,
an den ich mich sehr gerne zurück erinnere). Es ist schön,
alte Bekannte wiederzusehen. Und sie freuen sich auch auf
mich. Die Lehrerschaft wünschte sich ein Workshop-Gespräch
mit mir. Sie wollen Tipps über die Verwendung (meiner)
Texte für ihren Unterricht. Außerdem mache ich
eine öffentliche Veranstaltung für alle im Theatersaal
am Sonntagabend.
Aus
der Buch-Veröffentlichung der bengalischen Übersetzung
eines meiner Bücher ist leider noch nichts geworden.
Zwar hat ein Übersetzer nach meiner Veranstaltung im
letzten Jahr mein Buch "Das geht doch nicht!" ins
Bengalische übersetzt, aber er sucht noch einen namhaften
Verlag. Hat er diesen gefunden, kann er die Schweizer Kulturstiftung
Pro Helvetia, die auch einen Sitz in New-Delhi hat, um Veröffentlichungs-Subvention
angehen.
Bengalen
ist die Heimat vieler Dichter. Die Bengalen sind ein poetisches
Volk.
Kalkutta
ist eine unglaublich intensive Stadt. Ich gehen in meiner
Freizeit glücklich vor mich hin. Stundenlang. In die
Dämmerung hinein und noch immer weiter durch die nächtliche
Stadt.
Erster
Augenschein des Theaters im Goethe-Zentrum. Mein Koffer ist
abgestellt. Frau Sucheta Hossaini, die sich um mich kümmert,
harrt des Technik-Einrichtens. Die Sitze sind noch zugedeckt.
Alles geht gut. Ich finde hier einen Top-Techniker vor. Thanks!


Eine indische Musik-und
Tanz-Studentin (traditionelle indische Künste) lässt
mir dieses Briefchen nach der Vorstellung übergeben.
Ich habe sie danach auch getroffen. Sie möchte so singen
lernen wie ich. Gern dazu nach Europa kommen. Ich scheine
etwas in ihr geweckt zu haben.

Wo
die Menschen leben! Lieber gut geschützt, aus Angst vor
Einbrechern, die über die Fassaden hereinklettern könnten.

Diese
Schulboys einer Privatschule eskortieren mich auf meinem Spaziergang
und zeigen mir ihre Schule.

Wunderwelt
Tempel. Es gibt so viele davon, verschiedenen Göttern
gewidmet, die für Verschiedenes zuständig sind.
Jeder ist ein Traum, in den man gerne eintritt, ehrfürchtig
und ohne Schuhe.
Rikschas
prägen das Stadtbild. In gewissen Städten sind Rikschas,
die von Menschen gezogen werden, nicht mehr erlaubt. In Kalkutta
schon.

Und
auch das ist Indien. Einer der Millionen von frei lebenden
Hunden, die alle gleich aussehen und sich neben der Milliarde
Menschen durchs Leben schlagen. Als ich zum Flughafen gefahren
werde, kommt Frau Hossaini vom Goethe-Institut ein Stück
weit mit. Sie lässt sich bei einem Tierheim außerhalb
der Stadt absetzen. Dorthin hat sie einen Straßenhund
gebracht, der in ihrer Straße lebt. Er ist kleiner als
die anderen, kann sich nicht wehren und wird immer wieder
von anderen Hunden gebissen. Frau Hosseini stattet dem Hund
einen Krankenbesuch ab. Sobald er sich erholt hat, wird er
wieder in ihrer Straße ausgesetzt. Kein frei lebender
Hund wird in Indien eingeschläfert. Tierschutzorganisationen
kümmern sich um verletzte Tiere, bis sie wieder fit sind,
dann werden sie erneut auf die Straße entlassen. Die
Tierheime sind voll davon. Viele Kinder wünschen sich
einen Hund. Aber nicht so einen. In den Supermärkten
gibt es in der Foodabteilung Hunde- und anderes Haustierfutter
zu kaufen wie bei uns.
Sieht aus wie Warten,
ist aber das tägliche Leben.


Grüße
aus Chennai (Indien)
Von
Kalkutta fliege ich nach Chennai. Zum ersten Mal trifft ein,
was immer im Bereich des Möglichen liegt, das aber zum
Glück noch nie eingetroffen ist. Nämlich, dass man
aus dem Flughafen kommt und niemand erwartet einem. Bis jetzt
hat alles gut geklappt und von Chennai weiß ich ja,
dass da jemand stehen wird, denn die Goethe-Leute aus Hyderabad
haben mit denen in Kalkutta am Nachmittag darüber noch
ausgetauscht.
Da
steht aber niemand. Kein Schildchen "Brigitte Schär
" zu erspähen. Und es ist bereits dunkle Nacht.
Zudem habe ich ausgerechnet von dieser Destination keine Handynummer
einer verantwortlichen Person, nicht mal den Namen des Hotels
kenne ich. Keine Ahnung, wie weit es ist bis in die Stadt.
Ich
tigere die Reihe mit den Schildchen einige Male ab. Dann umringen
mich viele Taxifahrer und reden auf mich ein.
Ich
suche stehend in meinem Laptop nach Informationen, die mir
weiterhelfen könnten. Mein Handy funktioniert ausgerechnet
hier nicht. Zum ersten Mal nicht. Moment, ich hab doch heute
Nachmittag im Goethe-Institut Kalkutta eine Einladungskarte
in die Hand gedrückt bekommen. Für den Empfang des
DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienstes) in einem Hotel.
Anläßlich seiner heutigen Tagung.
Ich
steige schließlich in ein Taxi, das äußerlich
nicht als Taxi gekenntzeichnet ist. Der Fahrer spricht kein
Englisch. Ich lasse mir seine Lizenz zeigen. Ich muss im Voraus
bezahlen und verlange eine Quittung.
Wir
fahren 25 Kilometer durch die Nacht. Ich versuche mit dem
Handy des Fahrers zu telefonieren. Dieses ist aber nur für
eingehende Anrufe konfiguriert.
Ich
komme in besagtem Hotel an. Und treffe glücklicherweise
auf Amita Desai aus Hyderabad, die an der Tagung des DAAD
teilgenommen hat. Sie hilft mir weiter. Und so komme ich endlich,
kurz vor Mitternacht, in meinem Hotel an. Am
nächsten Morgen beginnt die Tagung. Zu der ich als Künstlerin
eingeladen bin.
Auch
das ist ein Stoff, aus dem meine Geschichten später entstehen.
Und ich bin um eine Erfahrung reicher: Irgendwann kommt man
immer irgendwo an.
Etwas lexikalisches
Wissen über Chennai: Volle Namensform in Tamilisch ist
Chennappattanam; früher Madras. Chennai ist eine lang
gestreckte Hafenstadt an der Ostküste Süd-Indiens
am Golf von Bengalen mit gut 6 Millionen Einwohnern. Es ist
eine der wichtigsten Metropolen Indiens sowie die Hauptstadt
des Bundesstaates Tamil Nadu. Chennai ist Indiens viertgrößte
Stadt und die 38st-größte Metropolregion der Welt.
Der Name wurde 1996 in Chennai geändert; der ältere
Name Madras wird immer noch viel verwendet. Die Stadt war
ein wichtiges Zentrum des Britischen Empires in Indien. Der
Facettenreichtum und das reiche Kulturerbe Chennais sind weltbekannt.
Zur
Zeit der britischen Herrschaft in Indien wurden über
das damalige Madras die gesamten Transporte von und nach Südindien
organisiert.
Auch
in Chennai hat das Erdbeben im Indischen Ozean 2004, der Tsunami,
Schaden angerichtet und Menschen getötet.
Heute wird die Stadt in erster Linie
von Industrie und Handel beherrscht. Die Filmindustrie namens
Kollywood produziert jährlich zwischen 50 und 100 Filme
und hat ihre eigenen Superstars hervor gebracht. Z.Bsp M.
G. Ramachandran, Filmstar
und Ministerpräsident, der die Filmindustrie als Propagandamittel
nutzte.
Ich
trete im Rahmen der überregionalen Tagung “German
Language Day” (Kultur und Sprache)” auf. Eine
Koproduktion von Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Von der Schweizer Botschaft reist der Kulturattaché
Arthur Mattli als Referent an. Er ist erst seit 2 Wochen in
New Delhi im Amt.
Meine Aufführung ist der letzte Beitrag der Tagung. Auch
hier, wie immer, führe ich meine Veranstaltung mit einem
bunten Porträt der Schweiz ein. Eine Powerpoint-Präsentation
zu Kultur, Geographie, Wirtschaft, verdienten Leuten, Sprachenvielfalt,
Bildungs-System und -Angebot, etc. Ich zeige die Diversität
der Schweiz, die mehr als nur aus Uhren, Schokolade und Banken
besteht. Dann
entführe ich das Publikum in meine Geschichtenwelt.



Das
Goethe-Institut.

Gabriele
Landwehr, Direktorin des Goethe-Instituts.

Goethe-Instituts-Direktorinnen
sind auch Architektinnen! Schon Marla Stukenberg in Mumbai
brütete über Umbauplänen. Gabriele
Landwehr zeigt mir das neu umgebaute Goethe-Institut. Eigentlich
hätte die Tagung im großen Veranstaltungssaal stattfinden
sollen. Der ist aber noch nicht fertig. Gabriele Landwehr
musste und konnte den Umbau und die Inneneinrichtung maßgebend
mitbestimmen. Nur über den Grundriss des Veranstaltungssaales
konnte sie nicht ganz entscheiden. Der große Mangobaum
draußen durfte nicht ausgegraben und anderswo wieder
eingepflanzt werden, wie es Gabriele Landwehr vorgeschlagen
hatte. Der Besitzer erlaubte es nicht. Denn im Baum wohnen
die Seelen der Toten. Nichts zu machen.
Der
Baum ging dann trotzdem ein, beschädigt durch die Bauarbeiten.
Und der Aufführungsraum fehlt nun wichtiger Raum, der
für eine Aufführ-Kabine hätte genutzt werden
sollen.
Spaziergang
durch die Stadt an meinem freien Chennai-Tag

Ein Freiluft-Kleinunternehmer,
wie es unzählige gibt!

Mein
Fahrer für zwei Stunden. Eigentlich ist er Student. Aber
auch junger, zweifacher Familienvater, der für seine
gesamte Groß-Familie aufkommen muss, für Schwestern,
Eltern, Schwiegereltern. Sein Vater ist durch einen Unfall
invalid geworden.
Ich
lasse mich auf einen Deal ein: Er zeigt mir etwas von der
Stadt und bringt mich auch zu drei Geschäften. ich muss
nichts kaufen. Nur alles anschauen. Er kriegt dann für
seine Vermittlung ein T-Shirt für seine Kinder.
Ich
denke zuerst daran, ihm das Geld einfach zu geben, damit er
sich ein T-Shirt kaufen kann. Dann aber schaue ich mir doch
die Geschäfte an. Ich weiß, dass ich nichts kaufe.
Und es ist eine gute Übung, mir die wirklich schönen
kunsthandwerlichen Arbeiten aus dem ganzen Land zwar anzuschauen,
die Holz-Stein- und Bronzearbeiten, Teppiche, Bilder, Stoffe...
und von den Verkäufern auch etwas über deren Herkunft
und Herstellungsart zu erfahren. Dann aber guten Gewissens
und ohne aufgedrängten Kauf das Geschäft wieder
zu verlassen.
Der
Fahrer hofft doch, dass ich etwas kaufe. Er betet darum!!
Und will mich gleich zu weiteren Läden bringen. Da muss
ich denn aber auch höflich und bestimmt nein sagen.
Der
Fahrer wird später hoffentlich sein T-Shirt kriegen.
Ich bezahle ihm seine Fahrarbeit und gebe ihm obendrein ein
Trinkgeld, mit dem er sich sicher ein paar T-Shirts kaufen
kann.

St.
Thomas Cathedral.
lMadras
war erste Niederlassung der East India Company (1639). Die
St. Thomas Kirche im neugotischen Stil, ist benannt nach Apostel
Thomas, der 52 n.Chr. hier den Märtyrertod starb.

Wunderschön
sind die die südindischen Gopurams (Tempeltüre),
übersät mit meist bunt bemalten Gottheiten und Fabelwesen.

Und
an dieser Stelle eine Huldigung all des feinen Essens, das
ich überall immer genießen durfte.
Hier
die Zutaten des weltbekannten Madras-Currys:
5 El gemischter Koriander
2 El Kreuzkümmel
2 El Kurkuma
1 El Ingwerpulver
1 Tl gemischte gelbe Senfsamen
1 Tl Bockshornkleesamen
1 Tl Zimt
1/2 Tl Nelken
1/2 Tl grüner Kardamon
1 Tl Chilipulver
1,5 Tl schwarzer Pfeffer
20 getrocknete Curryblätter zermahlen
Grüße
aus Colombo (Sri Lanka)
Ich
fliege in das nächste Land. Anflug von Colombo.

Karte
aus dem Internet

http://de.wikipedia.org/wiki/Sri_Lanka
Die
Fahrt vom Flughafen dauert zwei Stunden. Nach der ersten Besichtigung
des Goethe-Instituts, wo ich von Richard Lang, dem sehr Asien
erfahrenen Direktor, freundlich empfangen werde, nehme ich
einen ersten Augenschein vom Institut und von der Auftrittshalle.
Im Garten wird eifrig für den nächsten Tag geschmückt.
Und auch für die Eröffnung der Foto-Ausstellung
"Urban Changes". Zelte werden aufgestellt, für
jede der Klassen, die am Open Day teilnehmen wird, ein eigenes.
Lichtergirlanden überall.
ich
werde am Tag der offenen Tür zweimal auftreten. Nach
der Eröffnung am Morgen, in der grossen Halle und am
Nachmittag. 2 x 90 Minuten.
Danach werde ich ins
alte, prächtige Kolonialhotel Hotel Mount Lavinia am
Meer gefahren, das bis vor kurzem von einem Schweizer geleitet
wurde. Ein Blick aus dem Hotelzimmer, den ich für die
Ewigkeit festhalten möchte.

Ich
muss aber gleich weiter zum Soundcheck, wo das definitive
Malör mit meinem Verstärker passiert. Der Instituts-Techniker
ist leider kein Genie. Nach längerer Ratlosigkeit steckt
er das einzige Kabel, das es einzustecken gibt, falsch ein.
Dann läuft nichts mehr. Mein Gerät raucht und ist
nicht mehr zu gebrauchen. Endstufe geschmolzen. Es muss in
der Schweiz in Reparatur und ich muss auf die Hausanlage ausweichen.
Der Soundcheck ist aufwändig.
Danach
geht es gleich in die Schweizer Botschaftsresidenz, wo uns
die Botschafterin Frau Ruth Flint zum angenehmen und feinen
Dinner erwartet.
Die
Nacht ist kurz. Am Morgen erneuter Soundcheck. Dann gehen
die Türen auf. Hausherr Richard Lang begrüßt
das Publikum. Gefolgt von meinem Auftritt vor großem
Publikum. Alles geht gut. Ein Fernsehteam bläst mir mit
seinem starken Scheinwerfer, bis zu meinem Einspruch, das
große Beamerbild von der Wand. Auch die Schweizer Botschafterin
Frau Flint ist anwesend. Nach meinem Auftritt geht das Programm
munter weiter.
Das
Goethe-Institut ist rege besucht. Ich unterhalte mich mit
vielen Leuten. ich höre viele Geschichten. Wir tauschen
aus. Erfahrungen gegen Erfahrungen. Zum Beispiel diese Geschichte
von einem der Deutschlehrer des Instituts: Als ungelernter
junger Familienvater verließ er seine Familie, um für
drei Jahre im Zürcher 5-Stern Hotel Baur au Lac zu kellnern.
Das Geld erlaubte es ihm nach Rückkehr zu seiner Famillie,
drei Jahre lang ohne Arbeit bei seinen Kindern zu bleiben,
um nachzuholen, was er mit ihnen versäumt hatte. Er besuchte
den Deutschunterricht am Goethe-Institut und ließ sich
selbst zum Lehrer ausbilden.
Eine
schöne wahre Geschichte mit Happy End.
Es
ist üppig tropisch heiß und feucht. Den zweiten
Auftritt beginne ich schon schweißgebadet.
Das
Publikum ist sehr interessiert und bleibt zwei volle Stunden.
Im Garten werden für einen Wettbewerb Luftballone steigen
gelassen.


Das
Goethe-Institut

Pressespiegel
danach. Zusammengestellt durch die Pressestelle der Schweizer
Botschaft. Herzlichen Dank!

Diese
Mail erreichte mich am nächsten Tag.

Am
nächsten Morgen werde ich mit dem Taxi in den Süden
Sri Lankas gebracht. Für ein paar Erholungstage. Der
Fahrer hat keine Eile und macht für mich aus der dreistündigen
Fahrt einen ganzen Tag. Wir besuchen eine Herbal Plantation,
ein Gewächsgarten mit all den Heilplanzen- sträuchern
und -bäumen, die in der Arjuweda-Medizin Verwendung finden.
Wir
besuchen auch eine Turtle-Farm. Die eingesammelten Eier der
Wasser-Schildkröten können von der Bevölkerung,
statt gegessen zu werden, gegen Entgelt in einer solchen Schutzfarm
abgegeben werden. Die Eier werden dort in den Sand eingegraben
und sorgfältig beschriftet. Wenn die Schildkrötchen
schlüpfen, werden sie in ein Bassin gesetzt und beobachtet.
Viele der kleinen Tiere werden leicht behindert bleiben, weil
die Eier zu unsanft angefasst worden waren. Die beschädigten
Schildkrötchen bleiben länger im Bassin, bis sie
sich etwas erholt haben. Die gesunden werden noch am selben
Tag ins freie Wasser entlassen. Viele Jahre später werden
sie genau an diesen Ort zurückkehren um selber Eier zu
legen.
Wieder
einmal erzählt mir der Driver, auf Anfrage, gern seine
Lebensgeschichte. Und ich frage gern! Er erzählt, wie
das vor sich ging mit seiner arrangierten Ehe. Er fand alles
selber sehr bizarr! Die Frau hatte er nur einmal zuvor auf
Foto gesehen. Ich liebe Lebensgeschichten! Aber ich höre
einmal mehr eine schwierige Geschichte, die geprägt ist
von Unfreiheit, Erdulden, Ausharren, Verzicht auf ein eigenes
Glück zugunsten der Tradition und der Zukunft der eigenen
Kinder. Und von finanziellen Nöten. Dieses Schicksal
wird jedoch stoisch ertragen. Und dank des Glaubens.
Grüße
aus Unawatuna (Sri Lanka)

Wir
erreichen Galle im Süden Sri Lankas und gleich auch Unawatuna.
Ein weiteres Mal habe ich das Gefühl, im Paradies gelandet
zu sein. Vom Tsunami, der auch hier verheerend wirkte, ist
kaum mehr etwas zu sehen. Die Leute erzählen mit einem
Lächeln im Gesicht, das alles verbirgt (die Augen hingegen
verraten mehr!), von den zahlreichen Toten in ihren eigenen
Familien. Der Ajurweda-Arzt, den ich konsultiere, hat 9 Familienmitglieder
verloren. Und seine grosse Zehe blutet noch immer.
Auch Sri Lanka ist ein so wunderbares Land. Doch der Tsunami
hat die Touristen abgeschreckt. Und der Bürgerkrieg tut
sein Übriges. Vor ein paar Tagen gingen in New Delhi
weitere Terror-Bomben auf Märkten hoch. Und nun auch
in Colombo. In einem Bus.
Viele Familienväter denken daran, wie es der Deutschlehrer
aus dem Goethe-Institut erzählt hatte, ein paar Jahre
lang ihre Familien zu verlassen, um in einem anderen Land
"good money" zu verdienen. Davon wollen sie dann
besser leben. Ein Drittel aller weltweiten Asylgesuche, die
der Schweiz eingereicht werden, stammen aus Sri Lanka, erfahre
ich.
Der Japanische Friedenstempel bei Sonnenuntergang.

Aus
dem Süden komme ich im öffentlichen Luxury-Bus zurück.
Was soll ich mit dem Taxi fahren, wenn ich genau so gut den
Bus nehmen kann, denke ich. Schon vom Ökologischen her
betrachtet. Das Taxi müsste wieder nach Unawatuna zurück.
Vorne
im Bus fährt der Teufel persönlich! Wir kommen viel
früher an als erwartet. Die meisten Leute springen, an
ihrem Ziel angekommen, runter vom fahrenden Bus. Und nix Luxery.
Im Gegenteil! Dicht gedrängt. Und ich versuche auch noch,
auf meinem Laptop zu schreiben.
Diese
Fahrt bringt mich dem alltäglichen Leben hier noch einmal
sehr nahe. Und das ist gut so.
Wieder
zurück in Colombo nach meinem Aufenthalt im Süden.
Auf dem Balkon meines Zimmers im Hotel Mount Lavinia. Ich
habe da stundenlang gesessen, das schäumende Meer direkt
unter und vor mir. Ein Ort für die Ewigkeit. Ich möchte
den Moment wieder festhalten.
Letzter Sonneuntergang in Sri Lanka.

Grüße
aus Dubai
Von
Colombo aus fliege ich mit Emirates-Airlines weiter nach Dubai
und mache da zwei Tage Halt. Ich will mir ansehen, was mit
Geld im Überfluss alles machbar ist. Die wollen dort,
hörte ich, die weltweit bedeutendste Museumsmeile einrichten.
Werden wir dereinst Kunst in Dubais gigantischen, vergoldeten
Museen bewundern müssen?
In Dubai ist es 42 ° heiss. In der Schweiz soll es dauerregnen
bei 11°. Und heute erzählt mir ein eben angereister
Deutscher im Hotel, dass es in Sachsen-Anhalt in der Nacht
-3° sei. Am 21.Oktober.
Und
da bin ich nun in Dubai gestrandet. Bis jetzt hatte ich keinen
Kulturschock. Nun habe ich einen! Die ganze Stadt ist wie
ausgestorben wegen Ramadan. Und dies ein ganzer Monat lang!
Das Leben beginnt erst um 18 Uhr. Und heute ist zudem Freitag,
also Sonntag. Alles zu. Die Luft sandverhangen. 42°. Die
Geisterstadt eine einzige Baustelle. Eine der Wüste abgetrotze
futuristische Modellstadt.

Als
erstes mache ich eine Stadtrundfahrt. Allem voran möchte
ich The Snow World sehen, die ich aus den Medien kenne. In
einer der größten Shopping Malls der Welt gibt
es die Möglichkeit zum Wintersport.
Gefunden!
In diesem Aufbau befindet sich der Schneehang.

Durch
die Mall, an all den Shopping-Freudigen vorbei.

The
Snow World! Man mietet sich Winterkleider
und alles andere. Und vergnügt sich einen Tag lang hier
drin. Trotz Ramadan. Mir reicht es, draußen zu stehen,
hinter der Scheibe. Sieht schön aus! Es erinnert mich
an das, was mich nach meiner Rückkehr nach Europa erwartet.

Und
dies erwartet mich ausserhalb der Shopping Mall: 42 °
im Dunst.

Diese
letzten Tage in Dubai, in Quarantäne, waren genau richtig.
Nun
trete ich den definitiven Rückflug an.
Es
war eine ganz eindrückliche, dichte, lehr- und begegnungsreiche
Reise.
Es geht mir ausgezeichnet. Ich fühle mich reich beschenkt
und tiefglücklich, dass mir meine Kunst dies alles ermöglicht.
Die südasiatischen Menschen und alle anderen "Fremden"
werden mir immer vertrauter. Eigentlich sind die gar nicht
anders als wir.
Besten
Dank an das Goethe-Institut.
Ob
ich meine Erlebnisse für neuen Geschichten verwerten
werde, wurde und werde ich oft gefragt.
Sicher.
Aber nicht so direkt. Ohne geographischen und biografischen
Bezug. Die vielen Begegnungen, Eindrücke und bunten Bilder
nährten meine Träume, die sich irgendwann im Wachen
konkretisieren werden, zu neuen Geschichten.
Schönste
Grüße aus eindrücklichen Ländern.
Was
haben wir doch für eine schöne Welt!
Ihre

Foto:
Mein Driver des Tages

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