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Auftrittsreise in Südasien

August und September 08

 

Fotonachweis: Die meisten Fotos habe ich selbst gemacht. Wo nicht, ist dies im Bericht an der betreffenden Stelle vermerkt. Copyright bei den Fotografinnen.

Letztes Jahr war ich vor allem für mein Vaterland Schweiz auf Leseweltreise (finanziell unterstützt durch das EDA/Eidgenössisches Departement des Äußern, mit Büchergabe durch Pro Helvetia an die verschiedenen Bibliotheken der Auftrittsorte). Dieses Jahr trete ich für mein Mutterland Deutschland auf. Auf Einladung des Goethe-Instituts New Delhi, das gleichzeitig Regional-Institut von Südasien ist.
http://www.goethe.de

http://www.goethe.de/INS/in/ned/uun/deindex.htm

Ich war bereits letzten November in Indien, bei angenehmen Temperaturen und sogar kühlen Nächten, dieses Jahr reise ich in der Monsunzeit.

Ich bin unterwegs als "Kulturbotschafterin" für die deutsche Sprache und Literatur. Als Autorin, Musikerin, Performerin, Geschichtenerzählerin und Germanistin. Für Erwachsene und Kinder. In deutschen, internationalen und indischen Schulen. In Goethe-Instituten und Universitäten. Auf Deutsch und auf Englisch. Mit meinen surrealen Geschichten, modernen (Seelen-)Märchen, Liedern und Literaturvertonungen, die universell verständlich sind.
Mein Auftrittsreise-Leben ist intensiv, aufregend, spannend: Immer wieder die Fahrt zum Flughafen, mein umfangreiches Gepäck beim Security Check präsentieren, erklären, wozu dies alles gut ist (vor allem meine Notenständerlampe aus Metall gibt zu reden), abheben und wieder landen. Erwartet werden, ins Hotel gebracht. Auftrittsorte besichtigen. Mich im stundenlangen Technikeinrichten in Geduld üben, obwohl ich viel Equipment selbst dabei habe. Die Techniker (bei aus den Goethe-Zentren ausgelagerten Anläßen) sind zwar guten Willens und irgendwie klappt es letzten Endes immer, den Sound von meinem Verstärker-Mixer mit einem Kabel abzunehmen, aber es braucht Nerven! Manchmal fehlt es an Knowhow, manchmal an Ausrüstung, manchmal ist gar nichts vorhanden, trotz Checklists. Das braucht Zeit. Das geschulte Gehör, unseren Sound subtil zu mischen, fehlt weitgehend. Das asiatische Publikum ist nicht heikel, es nimmt den Sound, wie er eben aus den Boxen knistern und röhrt, auch zum Teil bedingt durch die Stromspannungsschwankungen. Mich aber stört’s. Ich habe doch nicht Programme erarbeitet und bin so weit geflogen, um alles dem Zufall zu überlassen. Zu der Begegnung der Kulturen gehört es schließlich auch, den anderen etwas über die eigenen Hörgewohnheiten und Klangvorstellungen zu vermitteln.

Den professionellen Technikern der Goethe-Institute, die mir problemlose Soundchecks bescherten, sei ein Kränzchen gewunden. Die gab's auch.

Aber alles halb so wild: Das nächste Mal nehme ich halt wieder mein volles technisches Equipement mit und bin rundum unabhängig. Dafür können weniger persönliche Sachen mit im 50 kg-Gepäck. Waschen lassen kann man überall. Und der Gerechtigkeit halber sei hier angefügt, dass in Europa, was die Technik angeht, auch nicht immer alles klappt, außer es handelt sich um professionelle Konzertorte.


Die Helfer auf meiner Tour lassen sich etwas einfallen: Der schwarze Notenständer, den ich in Coimbatore bekomme, hat keine Abstellfläche für die Noten. Einer der vielen Helfer geht und kommt dann wieder mit einem perfekten Notenständer. Sogar die angeklebte Holzleiste ist schwarz gestrichen. Fresh paint. Leider ist der Metallnotenständer viel zu hoch und nicht verstellbar. Er verschwindet ein zweites Mal. Sägen die denn jetzt kürzer? Ich bin gespannt. Nein! Am Abend steht ein neu gekaufter Notenständer da.

Nach meinen multimedialen Auftritten, die oft zwei Stunden dauern, weil niemand gehen will und ich auch nicht, freuen mich die herzlichen, freudigen und zahlreichen  Reaktionen aus dem Publikum. Viele kommen zu mir. Geben sehr persönliche Rückmeldungen. Und erzählen, was Ihnen in der Vorstellung widerfahren ist. Sie wollen auf einem Handyfoto mit mir verewigt werden. Oder sogar ein vorgetragenes Lied in der CD-Version aus meinem Computer auf ihren Datenstick überspielt haben, um es daheim noch einmal hören zu können. Klar! Gern! Danach ist Aufräumen und Einpacken angesagt.


Immer wieder ist Zeit für Sightseeings, die für mich organisiert werden.
Mit den lokalen VeranstalterInnen, den Leuten der jeweiligen Goethe-Institute und -Zentren und anderen essen gehen. Austauschen. Viele, viele Leute treffen. Auch die Leute auf der Straße. Die fragen ständig: Where do you come from? Are you married? Do you have children? Die Driver/Fahrer, die mich zuverläßig überall hin bringen. Und die mich ganze Tage lang begleiten. Das sind Beziehungen auf Zeit. Ich erfahre viel. Und werde im Gegenzug ebenso neugierig befragt.

Ich erkunde die Städte auch selber, gehe einfach stundenlang vor mich hin.
Presstermine sind angesagt. Mein erste Erfahrung von Blitzlichtgewitter!
Auch von offizieller Schweizer Seite, von Botschaften und Konsulaten werde ich eingeladen. Das ist sehr schön und angenehm! Die Swiss-Connection.

Es regnet zum Glück kaum, obwohl noch immer Monsunzeit ist. Es wird hin und wieder einmal sehr heiß. In Lahore ist es 40 Grad. Aber es könnte schlimmer sein. In Kalkutta erlebe ich das richtige Monsunwetter. Es ist sehr feucht und heiß und täglich prasselt mindestens ein zünftiger Regen nieder.

Alle besuchten Städte sind Millionenstädte. Ein paar gehören zu den größten der Welt.

Karte aus dem Internet


Grüße aus New Delhi (Indien)


 

Delhi, meine erste Destination, kenne ich schon vom letzten Jahr. Es ist schön, auf bereits bestehenden Erfahrungen aufzubauen. Ich trete in der Deutschen Schule auf wie schon im letzten Jahr. Und im Goethe-Institut. Dort mache ich eine Workshop-Veranstaltung für die Lehrerschaft und eine Grossveranstaltung für alle StudentInnen. Ich treffe liebe Bekannte wieder. Auch aus dem Umfeld der Schweizer Botschaft. Ich treffe auf meine Gastgeber Eberhard Weller und Michael Flucht.

Ich bewege mich bereits ein bisschen als Habituée in dieser Stadt. Der Anblick von Armut und Elend trifft mich nicht mehr so hart wie das erste Mal. Ich lerne Delhi noch besser kennen. Allerdings bleibt Delhi eine Stadt der Autofahrer. Ich fühle mich in meiner Freiheit als Fußgängerin eingeschränkt. Zu Fuß kommt man nirgend wohin.

Delhi eignet sich sehr gut als Ausgangsdestination für meine lange Auftrittsreise. Hier habe ich ein paar Tage Zeit, um mich zu akklimatisieren.

Dieses Goethe-Institut ist groß. Es gibt sehr viele StudentInnen, auch sehr viele mit  guten Deutschkenntnissen. Und ein Powerteam als Lehrerschaft. Ich kann meine Veranstaltungen also auf Deutsch halten. Ich projiziere aber doch immer auch die englischen Übersetzungen meiner Geschichten und Lieder auf die Grossleinwand hinter mir. So haben alle etwas von meiner Aufführung, auch die DeutschanfängerInnen. Dass Musik/Gesang Geschichten transportiert, ist den InderInnen aus ihrer eigenen Kultur vertraut. Und so ist auch hier eine Verständigungshilfe angeboten. Die Übersetzungen meiner Texte hatte ich zum Teil durch meine Verlage. Was fehlte, wurde vom feinsinnigen Übersetzer Swadesh Sharma vorab gemacht im Auftrag des Goethe-Instituts.

Ich lerne das Verleger-Ehepaar Goyal kennen. Der Goyal-Verlag gibt fremdsprachige Literatur in Indien heraus. In den Originalsprachen, zur Verwendung im Fremdsprachen-Unterricht in indischen Schulen.

Die Goyals kommen zu meiner Großveranstaltung, und wir besprechen nachher, wie eine Zusammenarbeit zwischen uns aussehen könnte. Ob sie etwas von meinen bereits bestehenden Texte übernehmen wollen oder ob ich etwas Neues für sie schreiben soll. Wir bleiben dran!

 

Das Herzstück von New Delhi, der Connaught-Place, aufgenommen aus einem Panorama Restaurant



Das große, rege besuchte Goethe-Institut

 

Großen Dank an Eberhard Weller (Leiter der Spracharbeit mit Regionalauftrag Südasien) und Michael Flucht (u.a Regional-Referent für Sprachkurse und demnächst Leiter des Goethe-Instituts Pune) für die Einladung zu der gesamten Südasien-Tour und die aufwändige Organisation derselben. (Letzterer hier im Bild).

 

Das Publikum wünscht sich danach Gruppenfotos. Gerne!

Foto: Mitarbeiter des Goethe-Instituts

 

 

Grüße aus Lahore (Pakistan)

 

Shalamar Garden

 

Von New Delhi fliege ich zuerst nach Lahore.

Pakistan ist ein muslimischer Staat, entstanden, laut Wikipedia, “1947 aus den mehrheitlich muslimischen Teilen British-Indiens, während Gebiete mit hinduistischer oder sonstiger Bevölkerungsmehrheiten sowie der größte Teil des überwiegenden muslimischen Kaschmir im heutigen Indien aufgingen.” Gegründet, um der muslimischen Bevölkerung Südasiens eine Heimat zu geben. Pakistan hat 170 Millionen Einwohner.

Die Nationalsprache ist Urdu. Die Amtsprache auch Englisch (Geschäfts- und Bildungssprache).
Von dem in Nordindien verbreiteten Hindi unterscheidet sich Urdu im Wesentlichen nur durch einen höheren Anteil an Lehnwörtern persischen und arabischen Ursprungs sowie durch die Verwendung der Nastalic, einer Abart der arabischen Sprache. Als Muttersprache wird das Urdu nur von 20 % gesprochen. Doch seine Bedeutung ist steigend, da es als Schul- und Amtsprache immer wichtiger wird.
Seit der Unabhängigkeit ist Pakistan Schauplatz gewaltsamer Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Volks- und Glaubensgruppen. 17 % der Bevölkerung leben von 1 Dollar/Tag.

Seit dem 11. September 01 verirren sich kaum mehr AusländerInnen in dieses Land. Die riesigen Plakatwände auf Stelzen sind leer. Die Leute sind sehr anders als in Indien. Erhaben, stolz, besonders anmutig kommen sie mir vor.

Noch im Flieger entsorge ich einen Stapel Fotokopien, den ich ausgelesen habe, in der Sitztasche vor mir. Wie ich beim Gepäckband stehe und auf die Auslieferung meines Koffers warte, macht mich ein Flughafenangestellter ausfindig und bringt mir freudestrahlend die im Flieger zurück gelassenen Fotokopien wieder. Ich bedanke mich überschwänglich. Und entsorge später das Papier erneut und unbemerkt.

Die zwei Beamtinnen an der Passkontrolle nehmen es sehr genau. Sie lassen die Einreisewilligen lange warten. Sie sehen umwerfend aus in ihren Militäruniformen, mit den Kopftüchern, den schwarzen, glänzenden Haarsträhnen und dem roten Lippenstift.

Naurin Ahmad-Zaki, die deutsch-pakistanische Leiterin des Goethe-Zentrums, die in Deutschland aufgewachsen ist und nun wieder in ihrer alten Heimat wohnt, erwartet mich in der Dunkelheit. Sie ist eine wunderbare Gastgeberin.

Weil keine Ausländer mehr ins Land kommen, aus Angst vor Attentaten durch die eigenen Leute (auch die meisten ausländischen Gastspiele werden zur Zeit abgesagt), ist man überall die Hauptattraktion. Kinder werden von den Eltern zu einem geschickt um Hände zu schütteln. Die Kinder, um 2001 geboren, haben nie Umgang mit Fremden gehabt. Alle wollen ein Foto mit mir. Ein gegenseitig ungeniertes Mustern und Bestaunen ist möglich.

 

Da habe ich meinen ästhetischen Tiefpunkt also bereits erreicht! Ich schwörs: Diese Mütze habe ich später nicht mehr aufgehabt. Sondern mir auch Tücher um den Kopf gelegt. Zu meiner Entschuldigung, dass ich hier wie eine GI neben den zarten pakistanischen Frauen aussehe: Es war extrem heiss, über 40° und feucht!

Foto: Mitarbeiter des Goethe-Zentrums

 

Die farbenprächtigsten und kunstvollsten Busse gibt es in Pakistan

Die Altstadt mit der alten Moschee

 

Der Pferdemarkt

 

Das Goethe-Zentrum Annemarie-Schimmel-Haus

 

Der rote Teppich wird für meine Veranstaltung vor dem Goethe-Zentrum ausgerollt.

 

Erst die Kultur, dann das Buffet. Hinten stehen meine Werke.

 

Mir stehen leider bloß zwei Nächte in Lahore zur Verfügung. Resp. einen ganzen Tag. Das ist nicht viel. Aber ein Anfang. Meine Veranstaltung ist für das Goethe-Zentrum ein Novum. Die erste Veranstaltung auf Deutsch! Eingeladen sind Leute mit guten Deutschkenntnissen. Davon gibt es in Lahore nur sehr wenige. Und trotzdem ist es gut, die deutsche Sprache für einmal in den Mittelpunkt zu rücken. Auf meiner letztjährigen Tagungsreise in Indien hatte mich nämlich der Umstand, dass zum Tagungsthema “Die Bedeutung der deutschen Sprache in einer globalisierten Welt“ oft ausschließlich Englisch geredet wurde, sehr irritiert. Die deutsche Sprache muss auf alle Fälle hörbar und somit erlebbar sein, damit sie ihre Wirkung entfalten und für sich werben kann.
Das Goethe-Zentrum feiert sein fünfjähriges Bestehen. Nach meiner Veranstaltung, zu der eigens der Attaché Herr Konstantin Obolensky von der Schweizer Botschaft samt Gemahlin aus Islamabad hergeflogen ist, wird ein aufwändiges Buffet geboten. Köche wirken im Garten. Es brutzeln und dampft.
Als Techniker konnte einer der drei ausgebildeten Ton-Techniker Karachis verpflichtet werden. Dieser muss aber auch im Soundcheck wortreich angewiesen werden, wie mit meiner Stimme an den vielen Knöpfen seines (für meine Bedürfnisse) zu großen Mischpults umgegangen werden muss.

Ich passe meine Art der Performance und auch den genauen Ablauf wie immer, aus dem Moment heraus, dem jeweiligen Publikum an. Ich liebe das, schließlich komme ich von der improvisierten Musik her. Das Improvisieren habe ich im Blut. Ich muss darum, um flexibel sein zu können, meinen Computer und die Geräte für Bild und Ton auf der Bühne neben mir haben, um sie selber bedienen zu können.

 

Der Tontechniker

 

Der Auftritt ist vorbei. Wieder im Hotelzimmer. Verschnaufen, dann gleich packen für den Morgenflug am nächsten Tag. Warten, bis das Licht wieder angeht nach einem der häufigen Stromausfälle. In den pakistanischen Städten sind ganze Stunden, ja halbe Tage verordneterweise ohne Strom. Für die verschiedenen Viertel der Stadt gibt es verschiedene verordnete Zeiten. Die Goethe-Institute und Hotels verfügen meist über Notstromaggregate.

 

Morgenabflug ab Lahore

 

Wüstenlandschaft zwischen Lahore und Karachi.

 


Grüße aus Karachi (Pakistan)

Von Lahore fliege ich nach Karachi. Eine Riesenstadt mit elf Millionen Einwohnern. Die Agglomeration hinzugenommen sind das 15 Millionen. Somit ist Karachi eine der größten Städte der Welt. "In Pakistan existiert allerdings keine Behörde zur Registrierung des Wohnsitzes von Personen, weswegen die angegebenen Einwohnerzahlen Hochrechnungen auf Basis der Volkszählungsergebnisse darstellen", lese ich.
Der Leiter der Sprachabteilung, Herr Manza holt mich mit dem Institutsauto und Fahrer vom Flughafen ab.
Ich habe einen superben Blick aus der Höhe meines Hoteltowers. Und bekomme eine erste Übersicht.

Eines der vielen Hotels auf meiner Reise. (Foto stammt aus der Website des Hotels.)

 

Blick aus meinem Hotelzimmer auf einen Schulhof. Morgen-Appell für alle, mit Lied.

 

Der brütendheiße Strand ohne Schatten, der am Wochenende von Familien bevölkert ist. Die Kamel- und Pferdeführer warten über Mittag vergebens auf Kundschaft.

 

Eine weiterer der vielen Märkte, die ich auf meiner Reise besucht habe. Was wären diese Länder ohne ihre Märkte.

 

Ich habe nie so viele Fliegen auf einmal gesehen wie hier.

 

Als wir beim Eindunkeln zum Essen fahren, überwältigt mich der Anblick des Meeres und des friedlichen Standlebens mit Menschen, Pferden und Kamelen im warmen Abendlicht.

 

Das Goethe-Institut Karachi wurde bereits 1957 gegründet und zeitgleich mit den Goethe-Instituten in Kolkata und Colombo aufgebaut. Diese drei waren die ersten in Südasien. Ein erstes Kulturabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Pakistan datiert aus dem Jahr 1962.

Der neue Hausherr Markus Litz hat Kunstverstand, Scharfsinn und einen skurrilen Humor. Seine Mitarbeiter sagen lachend, er habe das Goethe-Institut in kurzer Zeit “verlitzt”. Auch hier gefällt mir sehr gut. Jedes Goethe-Institut hat seine Eigenheiten, seinen Stil, seine eigene Stimmung und Ausstrahlung.

Das Goethe-Institut

Aushang

 

Mein Publikum muss noch etwas warten. Denn als ich meine Vorstellung beginnen will, fehlt einiges, das beim Einrichten und Soundcheck bereit sorgfältig bereit gelegt worden war. Nach dem Soundcheck wurde nämlich das meiste wieder verräumt und diebstahlsicher weggeschlossen, die Geräte abgestellt und die Ton-Einstellungen vergessen. Und so beginnt die Vorstellung dann, trotz aller Vorbereitung etwas unvorbereitet!

Es wird eine sehr schöne Vorstellung. Herr Litz gibt seinen Einstand als Direktor, und ich lerne danach wieder sehr nette und interessante Leute kennen. Zum Beispiel eine pakistanische Dokumentarfilmerin.

 

Das ganze Goethe-Team beim Schlemmen im Restaurant am Meer. Von links nach rechts: Tehmina Farooq (Assistenzbibliothekarin), ich, Markus Litz, Direktor des Goethe-Instituts, Shamim Manzar (Leiter Sprachabteilung), Syed A. Farooq (Verwaltungsleiter). Und zwei Praktikantinnen.

Foto: Angestellter des Restaurants

 

 

Grüße aus Bombay/Mumbai (Indien)

 

 

Bombay/Mumbai ist der Hammer. Wunderbar! Westlich und tiefindisch. Skylines und Slums. Und alles dazwischen.

Hier habe ich etwas länger Zeit. 4 Tage. Ich werde von Marla Stukenberg selbst, der Direktorin des Goethe-Instituts, vom Flughafen abgeholt. Schon auf der Fahrt vom Flughafen in die Stadt bin ich voller Begeisterung für Bombay. Dies ist meine Stadt! Es ist wie Ankommen. Es ist diese Mischung aus allem. Das Dichte. Das Brodelnde. Das Alte und Topmoderne. Das armselige Malerische und Duldsame, das Ungeduldige und Schnelle.
Marla Stukenberg wiederum freut sich über meine Begeisterung. Mein unvoreingenommener Blick lässt auch sie die Stadt wieder neu sehen.

Auf der Fahrt vom Flughafen in die Stadt kommen wir am Slum Dharavi vorbei.  300’000 Familien leben hier.

"Eine Million Inder wohnen und arbeiten auf engstem Raum, es gibt keine Kanalisation und keine Müllabfuhr. Trotzdem ist der Slum Dharavi, mitten in Mumbai, ein Juwel: Die gigantische Siedlung mausert sich zu einem pulsierenden Wirtschaftsstandort. Nun entdeckt das große Geld den Slum als Trendviertel."

Foto aus dem Internet. Aus dem betreffenden Artikel.

 

Diesen Artikel und einen Film über den Slum Dharavi habe ich im Internet gefunden. Der Film entführt direkt ins pulsierende indische Leben.

http://km42.spiegel.de/home/index.php?directid=4158
http://www.stern.de/politik/ausland/:Dharavi-Ein-Slum-Trendviertel/638645.html

Die Aussicht aus meinem schicken Hotelzimmer im obersten Stock ist phänomenal. Ich könnte tagelang bloß am Fenster sitzen.
Im Laufe des Ankunftsnachmittags gerate ich in eine kafkaeske Situation.

Ich bin vom Schweizer Generalkonsulat, vetreten durch Frau Susanne Hemung, zusammen mit Marla Stukenberg zum Abendessen eingeladen. Mein Laptop stellt seine Uhr automatisch auf Bombayzeit ein. Aber doch leider falsch. Und ich stelle alle meine Uhren nach dieser falschen, um eine Stunde vorgerückten Zeit. Als ich endlos lange in der Hotelklobby auf Marla Stukenberg warte und sie telefonisch nicht erreiche, will ich in mein Zimmer zurück kehren. Doch ich schaffe auch das nicht. Ich fahre viermal nach oben in den 16. Stock, doch jedesmal hält der Lift im 15. Stock an und fährt wieder nach unten. Draußen ist es bereits dunkel, es könnte ebenso gut Mitternacht sein.

Als Marla Stukenberg, wie verabredet, um 20.00 Uhr erscheint, klärt sich das Missverständnis auf.

Der Stoff aus dem die Geschichten sind!

 
In der Internationalen Deutschen Schule bin ich gleich für drei Veranstaltungen engagiert, obwohl die Deutschabteilung nicht sehr groß ist. Ich arbeite in kleineren Gruppen. Für die Kleinen und die Größeren, die perfekt Deutsch reden, damit sie auf ihre Rechnung kommen. Und für die internationalen Kinder ohne Deutschkenntnisse. Für die Letzteren mache ich eine Veranstaltung ausschließlich auf Englisch.
Über Mittag essen wir im renommierten Beach-Privatclub. Eine der Lehrerinnen, deren Mann für Nestlé arbeitet, ist Mitglied und kann uns einladen. Solche Clubs für Begüterte gibt es In jeder Stadt. Sich einzukaufen ist sehr teuer. Bewerber werden auf Herz und Nieren geprüft, brauchen ein paar Paten, die für sie bürgen, und es gibt Wartelisten auf dreißig Jahre hinaus.


Die Veranstaltung im Goethe-Institut ist gut besucht. Es ist ein sehr schönes Erlebnis. Mit einem souveränen Haustechniker, wie auch in New Delhi schon. Viele DeutschanfängerInnen kommen nachher zu mir und sagen, Sie hätten die Texte gar nicht in Übersetzung mitlesen müssen. Sie hätten alles verstanden. Das freut auch mich!

Umwerfender Blick aus meinem Hotelzimmer. 150°-Blick auf die Bucht und übers Wasser.

 

Die eine Hälfte meines Publikums im Goethe-Institut.

Und das Fotoshooting. Of course!

Foto: Techniker des Goethe-Instituts

Marla Stukenberg, Direktorin des Goethe-Instituts und Helswind Brockmeyer, Leiterin der deutschen Abteilung in der Internationalen Schule, vor einem der Schulgebäude. Mit meinen Büchern, die alle Auftrittsorte durch das Goethe-Institut New Delhi erhalten haben.


Ich treffe viele Leute. Und gewinne neue Freunde. Eine indische Lehrerin der Internationalen Schule lädt mich zu sich nach Hause ein. Sie ist selber als Tochter eines Marine-Offiziers am noblen Marine Drive aufgewachsen. Jetzt ist sie verheiratet mit einem der
erfahrensten Taekwondo-Lehrer Indiens (T. ist eine asiatische Kampfsportart). Die Wohnung ist alles andere als so, wie wir es gewohnt sind. Sehr bescheiden. Bisher habe ich von Botschaftsangehörigen und Leuten, die in den Goethe-Instituten arbeiten, nur luxuriöse Wohnungen gesehen. Die indische Nanny dieser Familie schläft auf der Matratze im großen Trainingsraum. Ich esse am Schreibtisch sitzend. Die anderen auf dem Sofa, ohne Tisch. Die dreiköpfige Familie schläft in einem Bett. Die Wohnung liegt unmittelbar neben dem bedeutenden Mahalakshmi Tempel im Pilgergewusel. Eine fremde Welt. Ich erfahre von der Heirat über die Religionsgrenzen hinweg und gegen das Einverständnis der Eltern. Eine sehr herzliche, überaus gastfreundliche Begegnung, die Mumbai für mich noch einmal um einiges authentischer und eindrücklicher macht.

 
Einen Abend lang schlendere ich durch die einbrechende Dunkelheit und dann Nacht, die in den Tropen unweigerlich, nach einer kurzen Dämmerung, um 18.00 Uhr anfängt. Mit der Dunkelheit beginnt das wahre Gesellschaftsleben auf den Straßen und in den Gassen.
Es sind Glücksmomente, so frei und unbeschwert durchs brodelnde Bombay zu ziehen. Immer meine Kamera bereit, denn ich möchte alles einfangen, so lebendig und malerisch erscheint mir alles. Bombay ist eine ungefährliche Stadt für solche Spaziergänge. Eine sichere Stadt für Frauen, sagt man. Ich spaziere durch Bahnhöfe, Märkte, Tempel, viele Nebenstraßen...

Auf dem Abendspaziergang durch den Bahnhof

 

 

Und weiter auf dem Spaziergang durch die nächtliche Stadt.

Kleine Jungs sehen fern!

 

Grüße aus Coimbatore (Indien)

Anflug auf die Stadt.

In Coimbatore, im Süden Indiens, wird schon Tamil geredet. Die Stadt liegt inmitten von Kokospalm-Plantagen.

Lexikalisches Wissen: Coimbatore ist eine Stadt mit bedeutender Industrie (u.a. Halbleiter, Solarzellen und Solarmodule). Es liegt in Südindien, im Bundesstaat Tamil Nadu, nahe der Grenze zum Nachbarstaat Kerala Die Stadt liegt nahe der Blauen Berge (Nilgiri). Sie hat mehr als 1,5 Mio Einwohner und ist Hauptstadt des gleichnamigen Distriktes.
Nilgiri (Blaue Berge) ist ein Gebirgszug in den Bundesstaaten Tamil Nadu und Kerala im Süden Indiens .
Die höchste Erhebung in den Nilgiris ist der Doddabetta mit einer Höhe von 2.637 m.
Zu den Nilgirisehenswürdigkeiten gehört auch die zum UNESCO-Welterbe zählende Nilgiri Mountain Railway.

Die Hügel und Berge sind es denn auch, die die Landschaft besonders machen.

Veronika Taranzinskaja, die junge Lehrerin und Programmgestalterin des noch jungen Goethe-Zentrums, erwartet mich am Flughafen. Es ist Sonntag. Ich brauche mich nicht im Hotelzimmer auszuruhen, ich will etwas sehen von dieser neuen Stadt, die so ganz anders als Mumbai ist. Coimbatore ist zwar eine Millionenstadt, sieht aber, so mein erster Eindruck, eher aus wie ein Dorf. Zwei einflussreiche Familien “besitzen” die Stadt. Einer dieser Patriarchen sponsert auch das Goethe-Zentrum. Seine Familie ist durch das damalige Studium seines Vaters in Deutschland den Deutschen in Freundschaft verbunden. Ihm gehört auch das große Gebäude unmittelbar neben dem Goethe-Institut, samt der darin untergebrachten Berufsschule und dem großen Meerzwecksaal, in dem meine Abendveranstaltung stattfindet. Seine Frau wiederum besitzt die Schule, in der ich für die Kinder auftrete.

Veronika Taranzinskaja begleitet mich durch die Stadt, nach dem ich im Hotel eingecheckt habe. ich möchte gern einen Schuhflicker finden, meine Schuhe lösen sich vom vielen Gehen auf.
Die Stadt ist, wie viele indische Städte, im Aufschwung. Viele ausländische Firmen investieren. Wir fahren mit dem Threeweeler (Tuk-Tuk), fragen uns vorwärts und halten Ausschau nach einem Schuster am Straßenrand. Die alten Männer, die wir auch fragen, lachen nur. Schuhe flicken? Ihr habt doch Geld für neue Schuhe, sagen sie und zeigen auf die vielen Schuhgeschäfte in der Straße.

Ich kaufe mir neue Schuhe, doch die alten werden später nach Hause geschickt. Es hat sich ja nur eine Naht aufgelöst.

Zu uns gesellt sich am Abend Stefan Hofer, auch Lehrer im Goethe-Zentrum. Weil Veronika demnächst ihr Referendariat in Berlin beginnt, wird Stephan in Coimbatore bleiben, obwohl er als Springer hierher kam.
Die beiden Leute sind ein famoses Gespann. Und sie kümmern sich rührend um mich. Hinzu kommt noch die nur Englisch sprechende Direktorin des Goethe-Zentrums, Frau Akila, die dem Grossmogul in Freundschaft verbunden und von ihm angestellt ist. Die Leitung des Goethe-Zentrums macht sie neben ihrer Arbeit für die Wirtschaft.

Hier in Coimbatore gehe ich das erste und einzige Mal auf meiner gesamten Reise "shoppen". Zusammen mit dem ganzen Goethe-Team. Ich darf mir mein eigenes Geschenk, das mir nach der Veranstaltung auf der Bühne überreicht werden soll, aussuchen. Damit ich etwas bekomme, woran ich auch wirklich Freude habe. Einen Sari will ich nicht. Ich finde diese schmetterlingshaften Kleidungsstücke zwar wunderschön, in allen möglichen Farben zusammen, aber was soll ich in Zürich damit? Wir durchstreifen Läden, die voll von indischen Großfamilien sind, ganzen Clans. Die sitzen da und warten, bis die Braut ihren Sari für die bevorstehende Hochzeit ausgesucht hat.

Ich entscheide mich für einen schönen Bettüberwurf, der mir ebenfalls nach Hause geschickt wird. Denn mitnehmen kann ich nichts.

 

Ganze Clans beim Sarikauf. Reiche Familien lassen sich den Sari für die Tochter schon mal € 5000.- kosten. Arme Familien können nicht mehr als € 10.- ausgeben.

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Meine Performance-Lesung in der Grundschule muss ganz auf Englisch gehalten werden. Denn diese Kinder lernen kein Deutsch. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Mein Publikum trabt an.

 

Spannung!

Foto: Veronika Taranzinskaja

 

Und Ausgelassenheit nach dem gemeinsamen Power-Song! Den indischen LehrerInnen wackeln die Ohren.

Foto: Veronika Taranzinskaja

 

Ein Teil des Technikerteams. An Arbeitskäften fehlt es nicht in Asien. Dadurch dauert aber alles viel länger.

 

Abendvorstellung: Ich beginne meinen kleinen Vortrag über die Schweiz, damit das Publikum weiß, woher ich komme, wie es da aussieht und was das Besondere ist an unserem Land ist, mit diesem Bild. Die indischen Bollywoodstars in der Schweiz.

Foto: Veronika Taranzinskaja

 

Die Einsamkeit der Performerin auf der großen Bühne! Das Publikum ist ganz schön weit weg. Diese Kluft gilt es zu überbrücken. Und das alles auf Deutsch und auf Englisch. Und für Erwachsene und Kinder! Und mit Presse im Publikum. Mit Kindern hatte ich überhaupt nicht gerechnet für diese Abendvorstellung. Die wurden fälschlicherweise mit eingeladen. Und die Zeitung hat es so verbreitet. Zum Glück komme ich von der Improvisation her. Mich erschüttert nicht so schnell etwas. Aber ich habe ziemlich geschwitzt!

Foto: Veronika Taranzinskaja

Foto: Veronika Taranzinskaja

Der tolle Zeitungsartikel nach der Aufführung freut mich.

Foto aus dem Artikel.

Der ganze Artikel in The Hindu:

http://www.hindu.com/thehindu/mp/2008/09/06/combindx.htm .

http://www.hindu.com/mp/2008/09/06/stories/2008090652920100.htm

Unser famoses Coimbatore-Team.

Veronika Taranzinskaja, Deutschlehrerin und Programmgestalterin, Stephan Hofer, Deutschlehrer und Leiter Sprachabteilung. Dann auch die Leiterin des Goethe-Zentrums, Frau Akila und ich.

Foto: Angestellte des Goethe-Zentrums.

 

Hier geht es weiter mit der Reise:

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