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Fragen und Antworten 1

Das folgende Interview ist zusammengesetzt aus Fragen und Antworten aus vielen Gesprächen mit verschiedenen Klassen. Diese Fragen und Antworten tauchten immer wieder auf. Darum sind sie hier aufgeschrieben.

 

Kinder : Schreiben Sie gern?

Brigitte Schär : Sicher, sonst würde ich es nicht tun. Niemand hat gesagt, dass ich das machen muss.

Kinder : Wie wird man Autorin?

Brigitte Schär : Alle dürfen Autor oder Autorin werden. Es braucht dazu keine besondere Fachausbildung. Man muss nicht Spezialschulen besuchen, um diplomierte Autorin zu werden. Alle dürfen etwas schreiben. Und wenn sie meinen, dass das, was sie geschrieben haben, so gut ist, dass es andere Leute lesen sollen, dann müssen sie einen Verlag dafür finden. Wenn das Buch gedruckt ist, besteht die Möglichkeit, dass das Schreiben ein Beruf werden kann. Ein Buch reicht dazu aber noch nicht. Man muss nach einem ersten Buch weiter schreiben, ein zweites Buch, ein drittes....

Kinder : Muss man eine 6 in Deutsch haben, um Autor oder Autorin zu werden? (Anmerkung: Die 6 ist in der Schweiz die beste Note.)

Brigitte Schär : Nein! Alle dürfen schreiben. Aber wie bei jeder anderen Fertigkeit auch: muss man üben. Von nichts kommt nichts. Talent, Übung und Ausdauer gehören dazu. Man muss eine Geschichte gut lesbar aufs Papier bringen. Zu viele Rechtschreibe- und Grammatikfehler in der letzten Fassung machen sich nicht gut.

Kinder : Und man muss gute Ideen haben.

 

Brigitte Schär:   Ja, die Ideen sind ganz wichtig. Da man die Ideen nicht im Supermarkt kaufen kann, muss man sie selber haben. Eigene Ideen, die andere überzeugen können. Und man muss einen eigenen Stil entwickeln. Man muss überraschen, verblüffen, berühren und zum Nachdenken anregen können. Das ist das, was mir wichtig ist. Dass ich etwas ausdrücken kann, dass nur ich so ausdrücken kann. Damit sich die Leute freuen, wenn ein neues Buch von mir in die Buchläden kommt.

Kinder : Unser Lehrer sagt, wir sollen mit dem letzten Satz einer Geschichte anfangen. Wenn man den hat, dann kann man alles andere der Geschichte auch schreiben.

Brigitte Schär (lacht): Ach so! Von hinten nach vorne? Zuerst den Schluss finden und dann den Anfang der Geschichte hinterher? Das muss ich mal ausprobieren.

Ich schreibe von vorne nach hinten. Ich entwickle eine Geschichte vom Anfang her. Jede Autorin, jeder Autor hat wohl eine andere Vorgehensweise. Ein einziges Rezept für alle Leute gibt es nicht, denn die Menschen sind verschieden. Es gibt Autoren, die schreiben das ganze Buch zuerst in Gedanken und erst dann bringen sie es zu Papier, handgeschrieben oder mit Schreibmaschine oder Computer.

Kinder : Wie ist es bei Ihnen? Wie finden Sie Ihre Ideen? Wie schreiben Sie?

Brigitte Schär : Ich setze mich an den Computer und starte ihn. Ich schaue den leuchtenden Bildschirm an. Und warte, was für eine Idee als erste kommt. Ich schaue etwas in die Runde, wenn ich in meinem Schreibcafé draußen sitze. Ich merke, wie ich mich entspannen kann, wenn ich auf Ideen für Geschichten warte. Und ich bin gleichzeitig gespannt, was sich da in meiner Fantasie zusammenbraut. Und dann, plötzlich, juckt es mich in den Fingern, und ich muss einen ersten Satz schreiben. Und einen zweiten. Satz um Satz. Von vorne nach hinten. Ich erlebe die Geschichte mit. Ich bin mitten drin. Wie in einem Film. Die Handlung entwickelt sich. Dann stockt es wieder. Vielleicht muss ich noch weiter in die Runde schauen. Nachdenken, nach Lösungen suchen, nach der Fortsetzung. Aber irgendwann, merke ich, oh das wird spannend. Da ist was. Dem muss ich nachgehen. Dann werde ich ganz wach. Und wirke gleichzeitig von außen, wie wenn ich in tiefe Gedanken versunken wäre. Und die Zeit vergeht im Nu.

Kinder : Welches war Ihr erstes Buch?

Brigitte Schär : Das Schubladenkind. (Die Kinder reagieren auf das Wort. Sie lachen.)

Kinder : Wann war das?

Brigitte Schär : Ich habe das Buch vor etwas mehr als 25 Jahren geschrieben.

Kinder : Warum genau dann und nicht schon früher?

Brigitte Schär : Ich habe mich immer für Kinderliteratur interessiert. Zuerst, als ich selbst ein Kind war, habe ich ständig gelesen. Kinderbücher, auch Märchen- und Sagenbücher. Geheimnisvolle, gruselige, traurigschöne, spannende Bücher, schön illustriert. Als Erwachsene, im Studium, hat mich Kinderliteratur besonders interessiert. Auch die Illustrationen. Ich liebte schön und spannend illustrierte Bücher und die weisen Geschichten, die auch mich als Erwachsene noch heute berühren und etwas angehen.

Nach dem Studium, das ich im Alter von 26 Jahren abschloss,   dachte ich: So und jetzt will ich schauen, ob ich selber ein Buch schreiben kann. Ob ich noch Geschichten zusammenfabulieren kann, wie ich es als Kind für meine Geschwister und für mich selbst getan hatte. Zudem hatte ich auch einfach genug, immer nur Bücher von anderen zu lesen. Ich war so randvoll mit Geschichten, die andere geschrieben haben, dass ich mich auf die Suche nach meinen Geschichten machen wollte.

Ich habe mich also hingesetzt und merkte schnell, dass das Schreiben etwas Wichtiges für mich werden könnte. Das mir das gut tut. Dass ich ganz wunderbare Dinge beim Schreiben erlebe. So ist mein erstes Buch entstanden und veröffentlicht worden, eben „Das Schubladenkind.

Kinder : Was muss man tun, dass ein Buch veröffentlicht wird?

Brigitte Schär : Wenn man es geschrieben hat, muss man es überarbeiten. Und an der Sache feilen. Alles noch einmal durchdenken und prüfen und nötigenfalls die Geschichte straffen und verdeutlichen. Oder das Überdeutliche rausnehmen. Mit lauter Stimme sich die Geschichte einmal oder besser noch wieder und wieder vorlesen, ist auch hilfreich. Korrigieren und auch korrigieren lassen. Und wenn die kürzere oder lange Geschichte dann wirklich fertig ist, dann schickt man sie den Verlagen, in deren Programm es passen könnte. Jeder, der vielen Verlage, die es gibt, ist spezialisiert. Und hat seinen eigenen Stil, je nach dem, wer dort arbeitet und was denen gefällt. Die Leute in den Verlagen überlegen sich meistens viel, bevor sie ein Buch veröffentlichen. Zum Beispiel, ob sie es auch verkaufen können. Die Leute in den Verlagen haben natürlich Monatslöhne. In großen Verlagen können schon mal hundert Leute und noch mehr arbeiten. Die sind für alles Mögliche zuständig, rund um die Buchproduktion. Diese Löhne müssen bezahlt werden. Und der ganze Buchdruck ist teuer. Da sind also Leute im Verlag, die ganz genau rechnen, damit die Bücher nach Möglichkeit keine Verlustgeschäfte werden. All das geschieht im Hintergrund.

Wenn ein Verlag ein Buch veröffentlichen will, dann macht er mit dem Autor oder der Autorin einen Vertrag und kümmert sich dann um alles Weitere. Das Buch erscheint, und natürlich hoffen alle, dass es sich gut verkauft. Besonders auch die Autorin hofft es, denn bis jetzt hat sie noch gar nichts verdient. Erst pro verkauftes Buch bekommt sie ein bisschen was. Sagen wir mal, so etwa 60 Rappen bis 2 Franken (60 Cent bis € 1.20) pro Buch, je nachdem ob auch noch ein Illustrator oder eine llustratorin mitgearbeitet hat. Und zu welchem Preis das Buch im Buchhandel verkauft wird.

Kinder : Mussten Sie lange nach einem Verlag suchen?

Brigitte Schär : Nein, das ging ganz schnell beim ersten Buch. Ich hatte, wie ich dann merkte, zum Glück Geschichten geschrieben, die es so noch nicht gab. Ich hatte etwas sehr Eigenes geschrieben, in einem eigenen Ton und mit offenen Schlüssen, die überraschten. Die Geschichten fielen den Verlegern auf und sie meldeten sich bei mir. Eine Verlegerin bot mir sofort einen Vertrag an, den ich unterschrieb. Die Verlegerin überlegt sich dann, wer die Geschichten illustrieren könnte. Sie hat das mit mir besprochen und eine Illustratorin vorgeschlagen. Die Illustratorin sagte zu. Die Illustratorin und ich haben uns auch getroffen. Wir haben uns gut verstanden. Und dann ist das Buch erschienen.

Kinder : Hat Ihnen das Buch gefallen?

Brigitte Schär : Ja, sehr. Ich war stolz auf mein erstes Buch. Es war ein wunderbares Gefühl, es druckfrisch in den Händen zu halten und Stapel davon liegen zu sehen. Und dann wurde es gleich spannend. Der Verlag organisierte Lesungen für mich, um mich und das Buch bekannt zu machen. Zeitungen machten Interviews und schickten Fotografen. Sie brachten Rezensionen (Besprechungen). Und sogar VeranstalterInnen aus Deutschland meldeten sich.

Kinder : Können Sie uns Tipps geben, wie wir eine Geschichte schreiben sollen?

Brigitte Schär : Ihr sollt euch aufs Geschichten-Erzählen freuen. Und euch nicht zu viel vornehmen. Ihr müsst ja auch noch üben. Es soll Spaß machen. Bleibt locker und versteift euch nicht. Denkt nicht, bevor ihr überhaupt angefangen habt, dass das jetzt super gut werden muss. Sondern fangt einfach mal an. Wenn euch ein Thema oder Titel gegeben wird, dann müsst ihr euch daran halten. Aber da ist ja auch vieles möglich. Fangt nicht zehnmal neu an. Sondern verfolgt eine Idee und arbeitet daran. Erzählt die Geschichte durch. Dann lest sie durch. Auch laut. Gefällt euch die Geschichte selbst oder ist das alles etwas einfach? Habt ihr euch Mühe gegeben oder wolltet ihr möglichst schnell fertig sein? Habt ihr euch selbst überrascht oder das Naheliegendste geschrieben, das auch allen anderen einfallen könnte? Ändert wenn nötig noch einmal gewisse Teile. Oder fangt noch einmal ganz von vorne an. An die Rechtschreibung denken wir nachher. Jetzt geht es erst darum, dass die Geschichte stimmig wird. Nachher erst wird die Geschichte überarbeitet und ins Reine geschrieben. Auch ich gehe viele, viele Male über eine Geschichte. Ich darf nicht zu schnell zufrieden sein.

Kinder : Was waren Sie für ein Kind?

Brigitte Schär : Es gibt so ein Foto von meiner größeren Schwester und mir als wir etwa 1,5 und 2,5 Jahre alt waren. Ich, die Kleinere, legte meinen Arm beschützen um meine größere Schwester. Ich habe wohl immer ein wenig beschützen wollen. Und auch ein bisschen leiten und führen. Und ein bisschen sagen, wo's lang geht. Darum habe ich auch meinen Geschwistern Geschichten erzählt, und sie haben mir zugehört. Das war meine Rolle zu Hause.

Kinder : Schreiben Sie auch über sich?

Brigitte Schär : Ja, ich komme auch in den Geschichten vor. Aber nicht ich als Person, ich schreibe nicht konkret über mein Leben. Aber in all meinen Geschichten drücke ich als die Erwachsene, die ich heute bin, auch meine Gefühle, Ängste und Freuden als Kind aus. Meine Hoffnungen und meine Neugier auf die Welt. Es gibt Lustiges und Trauriges. Nachdenklich Stimmendes, Freches, Überraschendes Spannendes und ganz Stilles in meinen Büchern. In einer Mischung, so wie ich als Kind war und wie ich es auch als Erwachsene noch bin. In meinen Geschichten kommt das vor, was mich als Mensch beschäftigt und worüber ich staune, was ich wissen möchte und was mich freut. Was ich mir wünsche und worunter ich gelitten habe. Beim Schreiben von Kindergeschichten begegne ich dem kleinen Kind wieder, das ich selbst gewesen war. Beim Schreiben lerne mich immer besser kennen und verstehen. Und die Umstände, in denen ich aufgewachsen bin und heute lebe.

Durch meine Geschichten versuche ich die Welt zu verstehen. Zuerst mal, die, ich der ich aufgewachsen bin und die mich geprägt hat. Und dann auch die Welt ausserhalb, von der wir alle ein Teil sind. Ich versuche, immer gelassener und freier zu werden. Und auch, die Welt selbst mitzugestalten. Und das alles auch mit Humor!

Kinder : Gefällt Ihnen Ihr Beruf?

Brigitte Schär : Oh ja. Er setzt sich aus viel Unterschiedlichem zusammen. Und fordert verschiedene Talente von mir. Und ich gestalte ihn nach meinen Fähigkeiten.

Dann bedanke ich mich für eure spannenden Fragen und wünsche euch, dass auch ihr eure verschiedenen Talente entdeckt, dass ihr sie immer weiter fördert und dass ihr so einen Beruf findet, der euch fordert, befriedigt und glücklich macht.

 


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